Das Verhältnis 70 Prozent Anleihen zu 30 Prozent Aktien beginnt aufzuweichen

Tobias Karow, Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu im Gespräch mit Dirk Schoch, Leiter des Stiftungskontors der Sutor Bank über die Herausforderungen für Stiftungen bei der Kapitalanlage.

Wie sieht die Lage der Vermögensanlagen für Stiftungen derzeit aus?

Karow: Viele Stiftungen erledigen den Bereich sehr gut, weil gerade große Stiftungen professionell aufgestellt sind und die Kapitalanlage regelmäßig prüfen. Das umfasst die Umsetzung der Anlagerichtlinien, die Auswahl der passenden Finanzinstrumente und letztendlich das Delegieren an die richtigen Adressen, wenn externe Expertise benötigt wird.

Wo liegen bei den kleineren und mittleren Stiftungen die offenen Fragen?

Karow: Hier sind die zeitlichen Ressourcen oft recht knapp, aber immerhin reift die Erkenntnis, sich mehr damit zu beschäftigen, welche Ziele die Stiftung neben dem Förderzweck hat. Der ordentliche Ertrag sollte immer im Vordergrund stehen, aber auch der Kapitalerhalt. Stiftungen in Deutschland sollten beziehungsweise müssen sich stärker auf beide Ziele fokussieren.

Wo geht der Trend bei der Finanzanlage einer Stiftung hin? 

Karow: Was auch in den kommenden Jahren zu erwarten ist, erfordert ein Umdenken. Er ist ja schon länger da, der Nullzins. Bei kleineren und mittleren Stiftungen steigt der Handlungsdruck, sich entweder selber intensiv einzuarbeiten oder Fachleute zu Rate zu ziehen. Einfach deswegen, weil sich etwas bewegen muss.

Und was bedeutet das konkret, insbesondere mit Blick auf Stiftungen?

Karow: Stiftungen erstellen oder überarbeiten ihre Anlagerichtlinien dahingehend, dass sie mehr Assetklassen einsetzen dürfen. Kleinere und mittlere Stiftungen sollten sich bei Aktien von den festen Anlagequoten verabschieden. Häufige Praxis im Stiftungsbereich sind 70 Prozent Anleihen und 30 Prozent Aktien, aber dieses Verhältnis beginnt aufzuweichen, da mit Erträgen überwiegend aus Anleihen die Stiftungszwecke nicht verwirklicht werden können.

Und welchen Trends folgen Stiftungen?

Karow: Es ist zu hören, dass Real Assets höher gewichtet werden sollen, etwa Erneuerbare Energien und Infrastruktur, und dies lässt sich wunderbar mit Nachhaltigkeit beziehungsweise ESG verbinden. Auch sollen Immobilien weiter höher gewichtet werden.